Feuchteschutz durch Verbundabdichtungen mit Fliesen und Platten (AIV)

 

Autor Uwe Wild, Stand 2012-01

 


Uwe Wild, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk, Estrichlegerhandwerk, Holz- und Bautenschutzgewerbe sowie für das Bautrocknungsgewerbe, Brandis bei Leipzig

 

 

Immer wieder muss sich der Bausachverständige mit der Bewertung von Feuchtigkeitsschäden und in diesem Zusammenhang mit der Beschaffenheit von Verbundabdichtungen (AIV) im Rahmen der gerichtlichen, aber auch privatgutachterlichen Tätigkeit auseinandersetzen. Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass Fliesenbeläge wasserdicht sind und im häuslichen Badezimmer oder Balkonen auf weitere Abdichtungsmaßnahmen verzichtet werden kann. Erst als im Innenbereich zunehmend feuchteempfindliche Baustoffe, wie z.B. Gipskarton usw. eingesetzt wurden und es auch im Außenbereich vermehrt zu Feuchteschäden kam, rückte die Tatsache, dass das Fugennetz im Fliesenbelag wasserdurchlässig ist, verstärkt in das Bewusstsein von Planer und Bauausführenden. In diesem Beitrag erläutert der Autor die Beanspruchungsklassen, heranzuziehende Regelwerke, die zur Verfügung stehenden Abdichtungsstoffe und deren Verarbeitung an Detailpunkten an bzw. mit Verbundabdichtungen.

 

 

Schadensmechanismus

 

 

Die normgerechte Abdichtung nach der derzeit noch gültigen Fassung der DIN 18 195-5 [03] besteht aus bahnenförmigen Abdichtungen, welche unterhalb der Estrich- und Dämmschichten auf der Rohdecke bzw. auf Gefälleestrich eingebaut werden. Wenn Wasser über das Fugennetz des Fliesenbelages in die Fußbodenkonstruktion bis zur Dichtungsebene eindringt, kommt es zur Durchfeuchtung des Estrichs und der Dämmschichten oberhalb der normgerechten Abdichtung. Dies stellt nicht nur ein bautechnisches, sondern auch ein hygienisches Problem dar.

 

 

Durch das Porengefüge des Mörtelbettes wird das Wasser zusammen mit gelöstem Kalk (freies Kalkhydrat) nach oben an die Belagsoberfläche transportiert. Nachdem das Wasser an der Oberfläche verdunstet, bleiben die gelösten Kalkbestandteile auf der Oberfläche zurück. Mit dem Sauerstoff der Luft entsteht aus dem Kalkhydrat an der Oberfläche Calciumcarbonat, was sich in Form von hellen Ausblühungserscheinungen - insbesondere an den Fugen - bemerkbar macht.

 

 

Merkmale und Prüfgrundsätze der Verbundabdichtung

 

 

Dieses Schadbild kann verhindert werden, wenn eine flüssig zu verarbeitende Abdichtung auf dem Estrich aufgebracht wird. Die unterhalb der Abdichtungsebene befindlichen Bauteilschichten (Estrich, Putz, Dämmung) werden bei dieser Abdichtungstechnik nicht durchfeuchtet. Da sich bei dieser Variante die Abdichtung an der Unterseite im festen Verbund mit dem Estrich oder Putz und an der Oberseite mit dem Fliesenbelag befindet, spricht man von Verbundabdichtungen.

 

 

((Hier Bild 1 einfügen))

 

Bild 1 Das über die Mörtelfugen eingedrungene Wasser führte zur Verseifung des Dünnbettmörtels und zu einem Haftverbundschaden am Balkonbelag.

 

 

Daraus ergeben sich folgende Vorteile:

 

  • Der Einsatz von feuchteempfindlichen Baustoffen (z.B. Gipskartonplatten) wird bei bestimmten Beanspruchungsklassen möglich.
  • Im Gegensatz zur bahnenförmigen Abdichtung nach DIN 18 195-5 [03] wird eine Durchfeuchtung des Estrichs und ggf. der Dämmschichten vermieden.
  • Vermeidung von Haftverbundschäden und Calciumcarbonat-Ausblühungen an Fliesenbelägen
  • Wegfall der sonst notwendigen Schutzschichten, wodurch eine geringere Aufbauhöhe und “schlankere” Konstruktionen realisiert werden können.

 

((Hier Bild 2 einfügen))

 

Bild 2 Abdichtungssystem (Grafik: Sopro Bauchemie GmbH)

 

1        Grundierung

2        Verbundabdichtung in zwei Arbeitsgängen

3        Dichtbänder

4        Dichtmanschette Wand

5        Dünnbettmörtel

6        Fugenmörtel

7        elastische Verfugung

8        Dichtmanschette Boden

PD      Bodeneinlauf

D       Dämmung

E        Estrich

F        Fliesenbelag

P        Putz

U       Untergrund / Beton

 

 

Bei den in der Altbausanierung oftmals zur Verfügung stehenden begrenzten Aufbauhöhen ist der Verzicht auf gesonderte Schutzschichten von wesentlicher Bedeutung. Dieser gegenüber den bahnenförmigen Abdichtungen nach DIN 18 195-5 bedeutende Vorteil ist wohl eine der Ursachen, dass sich die Verbundabdichtungen in der Vergangenheit immer mehr durchgesetzt haben.

 

 

Im ZDB-Merkblatt [04] sind in Abhängigkeit von der Beanspruchung folgende Abdichtungsstoffe aufgeführt:

 

 

Tabelle 1 Abdichtungsstoffe nach ZDB-Merkblatt [04]

Abdichtungsstoff

Kurzzeichen

Polymerdispersionen

D

Kunststoff-Mörtel-Kombinationen (flexible Dichtungsschlämmen)

M

Reaktionsharze (bspw. Epoxidharz oder Polyurethanharz)

R

 

 

Die Neufassung der DIN 18195-2 [02] enthält erstmals auch flüssig zu verarbeitende Abdichtungsstoffe im Verbund mit Fliesen und Platten (AIV). Dabei handelt es sich um Mineralische Dichtungsschlämmen (MDS) und Reaktionsharze (R). Allerdings erfolgte die Einschränkung, dass eine Verwendung nur dann erfolgen kann, wenn dies im Anwendungsteil der DIN 18195 geregelt ist. In der derzeit gültigen Fassung von 08-2000 der DIN 18195-5 [03] sind Verbundabdichtungen allerdings noch nicht geregelt. Bis zur uneingeschränkten Aufnahme der AIV in der Abdichtungsnorm müssen eine entsprechende Beratung der Bauherren und eine schriftliche Vereinbarung zwischen Planer, Bauausführenden und dem Bauherren erfolgen. Die Planung von Verbundabdichtungen erfolgt nach dem ZDB-Merkblatt [04].

 

Die im ZDB-Merkblatt [04] enthaltenen Polymerdispersionen (D) sind bisher nicht Bestandteil der DIN 18195-2 [02].

 

 

Tabelle 2 flüssig zu verarbeitende Abdichtungsstoffe im Verbund mit Fliesen und Plattenbelägen (AIV) nach Tabelle 8 aus DIN 18195-2 [02]

 

Nr.

1

2

4

5

 

Eigenschaft

Anforderung

rissüberbrückende MDS

Reaktionsharze

1

Standfestigkeit

kein Abrutschen

X

X

2

Brandverhalten

mindestens normalentflammbar

X

X

3

Alkalibeständigkeit

beständig

 

X

4

Rissüberbrückung

mindestens 0,4 mm

X

X

5

Wasserdichtigkeit

Wasserdicht             Die Anforderungen für den jeweiligen Anwendungsbereich sind zu beachten.

X

X

6

Verbundverhalten, Haftung

≥ 0,5 N/mm²

X

X

7

Schichtdickenabnahme                         nach Erhärtung

Wert ist anzugeben

X

X

8

Chemikalienbeständigkeit                   (nur bei Chemikalien-beanspruchung)

beständig

X

X

9

Frostbeständigkeit                                (nur bei Außenanwendung)

beständig

X

X

 

 

Die in der Tabelle 2 aufgeführten Eigenschaften müssen für den jeweiligen Anwendungsbereich durch ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) unter Berücksichtigung von DIN EN 14891 [07] nachgewiesen werden. Dies schließt auch die Stoffe ein, die maßgeblichen Einfluss auf die Funktionstüchtigkeit der Verbundabdichtung haben (z.B. Fugenbänder, Manschetten, Verlegemörtel). Innerhalb eines Herstellersystems sind die Produkte aufeinander abgestimmt und durch ein abP nachgewiesen. Eine „Vermischung“ von Produkten verschiedener Hersteller ist daher nicht zulässig.

 

 

Dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis (abP) sind u.a. folgende Angaben zu entnehmen:

 

  • Verwendungszweck / Beanspruchungsklasse
  • Mindesttrockenschichtdicke
  • Produktbezeichnung systemzugehörigen Dünnbettmörtels / Dünnbettkleber

 

 

Regelwerke für Verbundabdichtungen

 

 

  • DIN 18195-2 [02]
  • DIN 18195-5 [03] (in Anlehnung)
  • ZDB-Merkblatt „Verbundabdichtungen“ [04]
  • ZDB-Merkblatt „Aussenbeläge“ [05]
  • Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen von Bauteilen mit mineralischen Dichtungsschlämmen [10]
  • Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen erdberührter Bauteile mit flexiblen Dichtungsschlämmen [11]
  • ETAG 022 - Leitlinie für die europäische technische Zulassung für Abdichtungen von Wänden und Böden in Nassräumen, Teil 1 - Flüssig aufzubringende Abdichtung mit oder ohne Nutzschicht [06]
  • Schnittstellenkoordination bei beheizten Fußbodenkonstruktionen [09]

 

 

Seit Oktober 2007 ist in den Mitgliedsstaaten der europäischen Union die ETAG 022 [06] bindend. Demnach müssen alle flüssig zu verarbeitenden Abdichtungen in unabhängigen Materialprüfanstalten im Zusammenspiel mit sämtlichen Systemkomponenten, bestehend aus Abdichtungsstoff, Dichtband, Manschetten und Dünnbettkleber, geprüft werden. Die Überprüfung der Abdichtungssysteme erfolgt nach den vom DIBt veröffentlichten Prüfgrundsätzen für Abdichtungsstoffe im Verbund mit Fliesen- und Plattenbelägen (PG AIV).

 

 

Allgemeine Planungsgrundsätze

 

 

Bäder sind derzeit nach DIN 18195-1 [01] als Nassraum einzustufen, sofern sich ein Bodeneinlauf im Raum befindet. Der Umkehrschluss ist, dass nach der genannten Norm Bäder ohne Bodeneinlauf demgemäß keine Nassräume sind.

 

 

Nach den ETAG 022 [06] zählen allerdings unabhängig vom Vorhandensein eines Bodeneinlaufes sämtliche Boden- oder Wandflächen, welche gelegentlich, häufig oder länger anhaltend mit Wasser beansprucht werden, zu den Nassräumen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, alle nutzungsbedingt einer Feuchtebeanspruchung ausgesetzten Flächen abzudichten.

 

 

Nassräume werden durch Wasser unterschiedlich belastet, was sich in DIN 18 195-5 [03] in die Einteilung in hoch beanspruchte und mäßig beanspruchte Nassräume wiederspiegelt. Zu den hoch beanspruchten Nassräumen zählen alle gewerblich genutzten Bäder, Küchen und Duschanlagen (siehe Tabelle 2). Badezimmer in Wohnungen werden demgemäß lediglich mäßig beansprucht.

 

 

Bei Dachterrassen und Loggien ist zusätzlich eine Abdichtung nach der Flachdachrichtlinie [08] zu planen und auszuführen. Der Planer hat eine Dampfsperre, eine Dämmschicht und eine Bahnenabdichtung unter Berücksichtigung der bauphysikalischen Gegebenheiten vorzusehen. Die Verbundabdichtung ist bei Belägen mit Fliesen und Platten dennoch erforderlich, um die oberhalb der Bahnenabdichtung angeordneten Bauteilschichten vor Feuchtigkeitseinwirkung zu schützen.

 

 

Beanspruchungsklassen nach ZDB-Merkblatt [04]

 

Hinsichtlich der

 

  • Beanspruchung,
  • den Abdichtungsstoffen und
  • den Untergründen

 

ist zu unterscheiden zwischen

 

  • hoher Beanspruchung und
  • mäßiger Beanspruchung.

 

Im heranzuziehenden ZDB-Merkblatt [04] sind die möglichen Beanspruchungsklassen hinsichtlich Feuchtigkeit und chemischer Einwirkung, die daraus resultierenden Anforderungen an die Untergründe sowie die möglichen Abdichtungsstoffe gegenübergestellt.

 

 

Tabelle 3 Beanspruchungsklassen nach ZDB-Merkblatt [04]

Beanspruchung

Beanspruchungsklassen nach

ZDB-Merkblatt [04]

Beispiele

bauaufsichtliche Relevanz

Mögliche Abdichtungsstoffe

Nachweis

hohe Beanspruchung

 

A

nicht drückendes Wasser (innen)

öffentliche oder private Duschanlage

bauaufsichtlich geregelt

 

  • Polymerdispersionen, nur für Wände
  • Kunststoff-Mörtelkombinationen
  • Reaktionsharze

nur Produkte mit abP einsetzbar

(Das abP bezieht sich auf das System aus Abdichtungsstoff, Fugenbändern und Manschetten sowie Dünnbettkleber)

 

B

von innen ständig drückendes Wasser (innen und außen)

Schwimmbecken

  • Kunststoff-Mörtelkombinationen
  • Reaktionsharze

C

nicht drückendes Wasser mit zusätzlich chemischer Beanspruchung (innen)

Gewerbliche Küche, Wäscherein

  • Reaktionsharze

mäßige Beanspruchung

 

A0

 

nicht drückendes Wasser (innen)

Häusliches Badezimmer

bauaufsichtlich nicht geregelt

  • Polymerdispersionen, nur für Wände
  • Kunststoff-Mörtelkombinationen
  • Reaktionsharze

Qualitätsnachweis durch ein abP empfohlen

B0

nicht drückendes Wasser (außen)

Balkone, Terrassen (nicht über genutzten Räumen)

  • Kunststoff-Mörtelkombinationen
  • Reaktionsharze

 

 

Zulässige Untergründe an Wand- und Bodenflächen

 

 

In Abhängigkeit der Beanspruchungsklasse sind nach ZDB-Merkblatt [04], Tabellen 3 und 4 nur bestimmte Untergründe zulässig.

 

Demnach können bei mäßiger und bei hoher Beanspruchung, also in allen Feuchtigkeitsbeanspruchungsklassen, folgende Untergründe vorgesehen werden:

 

  • Beton nach DIN 10 45/EN 206
  • Kalkzement-Leichtputz der Mörtelgruppe P II CS II nach DIN V 18 550 und DIN EN 998-1 mit einer Druckfestigkeit von >/= 2,5 N/mm²
  • Kalksandstein- Planblocksteine ohne oder mit nur dünner Spachtelung
  • Zementputz der Mörtelgruppe P III CS IV nach DIN V 18 550 und DIN EN 998-1 ohne Zusatz von Kalkhydrat/Kalkzuschlag mit einer Druckfestigkeit von >/= 6,0 N/mm²
  • Hohlwandplatten aus Leichtbeton nach DIN 18148, verarbeitet nach DIN 4103 mit hydraulisch erhärtenden Mörteln
  • zementgebundene mineralische Bauplatten
  • Verbundelemente aus expandiertem oder extrudiertem Polystyrol mit Mörtelbeschichtung und Gewebearmierung
  • Porenbeton-Bauplatten nach DIN 4166, verarbeitet nach DIN 4103
  • Zementestriche nach Din 18560
  • Gussasphaltestriche nach DIN 18560

 

Bei mäßiger Beanspruchung, also in den Feuchtigkeitsbeanspruchungsklassen A0 und B0 dürfen zusätzlich folgende Untergründe vorkommen:

 

  • Gipsputz der Mörtelgruppe P IV nach DIN 18550-1 und 18550-2
  • Gips-Wandbauplatten nach DIN 12859
  • Gipsfaserplatten nach DIN EN 15283-2, Gipsplatten nach DIN 18180 bzw. DIN EN 520
  • Calciumsulfatgebundene Estriche nach DIN 18560

 

 

Welche der drei Abdichtungsstoffe (D, M, R) auf den o.g. Untergründen in Abhängigkeit der jeweiligen Beanspruchungsklasse eingesetzt werden dürfen, ist dem ZDB-Merkblatt [04], Tabelle 3 und 4 zu entnehmen. Im Außenbereich sind Kunststoff-Mörtelkombinationen (M) den Reaktionsharzabdichtungen (R) auf Grund der höheren Wasserdampfdurchlässigkeit unbedingt vorzuziehen.

 

 

Nach ZDB-Merkblatt [04] sind bei geplanten Bodeneinläufen Calciumsulfatestriche, Fertigteilestriche aus Gipsplatten oder Gipsfaserplatten, Holz- und Holzwerkstoffe grundsätzlich nicht zulässig. Gleiches gilt für Gipsputz, Gipsfaser- und Gipskartonplatten im hoch beanspruchten Bereich.

 

 

Abdichtung hinter und unter Wannen

 

Die Verbundabdichtung ist hinter und unter Wannen in den Beanspruchungsklassen A und C generell und in den restlichen Beanspruchungsklassen nur bei Vorhandensein von feuchteempfindlichen Bauteilen oder Untergründen vorzusehen (Bild 3). Andere geeignete Maßnahmen sind zulässig. So kann der Anschluss zwischen Wanne und Wandbildner mit einem speziell für diesen Verwendungszweck hergestelltem Dichtungsband erfolgen (Bild 4). Das Dichtungsband muss Bestandteil des vorgesehenen Abdichtungssystems sein, für das das bauaufsichtliche Prüfzeugnis vorliegt.

 

 

((Hier Bild 3 einfügen))

 

Bild 3 Verlauf der Abdichtung hinter und unter der Wanne

(Grafik: Sopro Bauchemie GmbH)

 

 

((Hier Bild 4 einfügen))

 

Bild 4 Dichtungsband zum Anschluss der Wanne an die Wandabdichtung

(Bild: Sopro Bauchemie GmbH)

 

 

 

Ausführung

 

 

Der Untergrund muss tragfähig sowie ausreichend ebenflächig und trocken (Belegreif) sein. Bei Heizestrichen muss vor Beginn der Abdichtungs- und Belagsarbeiten ein Belegreifheizen des Estrichs mit Aufheizprotokoll nach den Vorgaben der Schnittstellenkoordination [09] erfolgen. Elektronische Messgeräte oder der „Folientest“ können lediglich für eine tendenzielle Bewertung herangezogen werden. Zur Beurteilung der Belegreife ist ausschließlich eine Feuchtigkeitsmessung mit dem CM-Gerät durchzuführen (Tabelle 4).

 

Tabelle 4 zulässiger Feuchtigkeitsgehalt gemäß ZDB-Merkblatt [04] für den Innenbereich

Untergrund

Anforderungen/zulässiger Feuchtegehalt

Putze, Gipsplatten und Gipsfaserplatten

„trocken“

beheizte calciumsulfatgebundene Estriche

</= 0,3 CM%

unbeheizte calciumsulfatgebundene Estriche

</= 0,5 CM%

Zementestriche

</= 2,0 CM%

Schnellzementestriche

Nach Herstellerangabe

 

 

Im Außenbereich müssen die Bauteile ein Mindestalter aufweisen, um schädliche Restfeuchtegehalte und daraus resultierende Verformungen zu vermeiden.

 

 

Die Ebenheit des Dichtungsträgers muss den Anforderungen an den fertigen Belag entsprechen, da ein Ausgleich bzw. eine Egalisierung des Untergrundes mit der Verbundabdichtung oder mit dem Dünnbettkleber grundsätzlich nicht erfolgen kann. Vielmehr muss der Dichtungsträger den notwendigen Ausgleich und ein ggf. erforderliches Gefälle bereits aufweisen.

 

 

Die Abdichtungen können in der Regel durch rollen, spachteln oder streichen in mindestens zwei Arbeitsgängen aufgetragen werden. Bei Auftragen der zweiten Schicht muss die erste Schicht getrocknet sein, d.h. es ist eine Arbeitsunterbrechung notwendig. Der Auftrag muss fehlstellenfrei und gleichmäßig dick erfolgen.

 

 

Bei Reaktionsharzabdichtungen ist in der Umgebung eine Mindesttemperatur von 10 °C erforderlich. Darüber hinaus muss die Taupunkttemperatur ermittelt werden, da ausfallendes Kondensat auf der abzudichtenden Bauteiloberfläche zu Haftverbundstörungen führt. Aus diesem Grund muss die Untergrundtemperatur 3 K über der Taupunkttemperatur liegen. Anderenfalls dürfen Reaktionsharze nicht appliziert werden!

 

 

Die vorgegebenen Mindesttrockenschichtdicken sind auch unter Berücksichtigung der handwerklichen Schwankungen in der Ausführung keinesfalls, auch nicht punktuell, zu unterschreiten. Die Mindesttrockenschichtdicken sind im ZDB-Merkblatt [04] wie folgt festgelegt:

 

  • D            Polymerdispersionen                                          0,5 mm
  • M           Kunststoff-Mörtel-Kombinationen                  2,0 mm
  • R            Reaktionsharze                                         1,0 mm

 

Diese Werte gelten, sofern produktspezifisch im abP für die jeweilige Beanspruchungsklasse keine größeren Schichtdicken angegeben sind.

 

 

Durchdringungen sind ausschließlich mit systemzugehörigen Dichtmanschetten auszuführen um Undichtigkeiten zu vermeiden (Bild 9). Bewegungsfugen (z.B. Randfugen im Estrich) sind mit systemzugehörigem Dichtungsband zu erstellen (Bilder 5 und 6).

 

 

((Hier Bild 5 einfügen))

 

Bild 5 systemzugehöriges Dichtband als Bestandteil des geprüften Abdichtungssystems (Bild: Sopro Bauchemie GmbH)

 

 

((Hier Bild 6 einfügen))

Bild 6 vorkonfektionierte Dichtecke als Bestandteil des geprüften Abdichtungssystems (Bild: Sopro Bauchemie GmbH)

 

 

((Hier Bild 7 einfügen))

 

Bild 7 Die falsche Positionierung der Durchdringung und Verzicht auf eine Dichtmanschette entspricht nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik.

(Bild: U. Wild)

 

 

Die Verbundabdichtung darf nicht auf die Kunststoff-Schutzhülsen, sondern muss direkt an ein ausreichend langes Rohrstück aufgebracht werden (Bild 8 und 9).

 

 

((Hier Bild 8 einfügen))

 

Bild 8 Der Anschluss der Dichtmanschetten darf nicht an die temporär eingebauten Kunststoff-Schutzhülsen erfolgen.

(Bild: U. Wild)

 

 

((Hier Bild 9 einfügen))

 

Bild 9 sach- und fachgerechter Anschluss der Dichtmanschetten an die Rohrverlängerung (Bild: Sopro Bauchemie GmbH)

 

 

Die Verlegung der Fliesen hat möglichst hohlraumfrei mit systemzugehörigem Dünnbettkleber zu erfolgen.

 

 

Ausblick

 

 

Seit einigen Jahren sind Abdichtungsbahnen auf dem Markt gekommen, die an Stelle der flüssig zu verarbeitenden Abdichtungsstoffe im Verbund mit Bekleidungen und Belägen eingesetzt werden können. Die Stöße der aufgeklebten Bahnen werden mit einem systemzugehörigen Fugenband verklebt. Diese Bahnen können im Einzelfall gleichzeitig eine Entkopplung vom Untergrund bewirken. Ein weiterer Vorteil ist die sofortige Regenfestigkeit, was eine Verarbeitung auch bei unsicheren Witterungsbedingungen ermöglicht. Die Eignung dieser Bahnen für die jeweilige Beanspruchungsklasse ist durch ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) nachzuweisen.

 

 

Diese Art von Abdichtungsstoffen ist sowohl in DIN 18 195-2 [02] als auch im ZDB-Merkblatt [04] nicht geregelt, so dass es sich derzeit um eine Sonderbauweise ohne ausreichende Langzeiterfahrungen handelt. Daraus ergeben sich für den Planer und Ausführenden besondere Beratungspflichten gegenüber dem Bauherren und die Notwendigkeit einer schriftlichen Vereinbarung über die Abweichung von den geltenden Regelwerken sowie erhöhte Sorgfaltspflichten bei Planung und Ausführung.

 

 

Fazit

 

  • Alle feuchtigkeitsempfindlichen Flächen, welche nutzungsbedingt feuchtebeansprucht sind, müssen abgedichtet werden.
  • Feuchtigkeitsunempfindliche Wandflächen im mäßig beanspruchten Bereich müssen nicht zwangsläufig abgedichtet werden.
  • Abdichtungen bedürfen generell einer sorgfältigen Planung unter Berücksichtigung der vorgesehenen Nutzung.
  • Im hoch beanspruchten Bereich und in Bodenflächen mit Bodeneinlauf dürfen nur feuchtigkeitsunempfindliche Baustoffe eingesetzt werden.
  • Im mäßig beanspruchten Bereich dürfen auch feuchtigkeitsempfindliche Untergründe vorkommen, sofern sie eine Abdichtung erhalten und keinen Bodeneinlauf aufweisen.
  • Einzelheiten zu Planung und Ausführung von Verbundabdichtungen sind dem ZDB-Merkblatt [04] mit Stand 01/2010 und dem ZDB-Merkblatt [05] zu entnehmen.
  • Eine funktionstüchtige Verbundabdichtung ist nur mit geprüften Systemen, bestehend aus flüssig zu verarbeitender Abdichtung, Dichtbändern und -manschetten sowie Verlegemörtel auf geeigneten Untergründen zu erzielen. Der Nachweis der Eignung des gesamten Abdichtungssystems für den jeweiligen Anwendungsfall erfolgt durch ein abP.
  • Der Planer und der Installateur haben die Voraussetzungen für einen sach- und fachgerechten Anschluss der Verbundabdichtung an Installationen zu schaffen.
  • Bis zur uneingeschränkten Aufnahme der Verbundabdichtungen in der Abdichtungsnorm müssen eine entsprechende Beratung der Bauherren und eine schriftliche Vereinbarung zwischen Planer, Bauausführenden und dem Bauherren erfolgen.
  • Beim Einsatz von neuen, innovativen Abdichtungsstoffen ergeben sich besondere Beratungspflichten, die Notwendigkeit einer schriftlichen Vereinbarung über die Abweichung von den geltenden Regelwerken sowie erhöhte Sorgfaltspflichten bei Planung und Ausführung.

 

 

Uwe Wild, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk, Estrichlegerhandwerk, Holz- und Bautenschutzgewerbe sowie für das Bautrocknungsgewerbe

Sachverständigenbüro für Baudiagnostik

04821 Brandis bei Leipzig

Telefon: 03 42 92/6 85 96

Telefax: 03 42 92/6 85 20

sv.uwe.wild@online.de

www.baudiagnostik-leipzig.de

 

 

Literatur

 

Norm

Stand

Titel

[01] DIN 18 195-1

08-2000

Bauwerksabdichtungen - Teil 1: Grundsätze, Definitionen, Zuordnung der Abdichtungsarten (in Überarbeitung)

[02] DIN 18 195-2

04-2009

Bauwerksabdichtungen - Teil 2: Stoffe

[03] DIN 18 195-5

08-2000

Bauwerksabdichtungen - Teil 5: Abdichtungen gegen nichtdrückendes Wasser auf Deckenflächen und in Nassräumen; Bemessung und Ausführung (in Überarbeitung)

[04] ZDB-Merkblatt

01-2010

Verbundabdichtungen - Hinweise für die Verarbeitung von flüssig zu verarbeitenden Verbundabdichtungen mit Bekleidungen und Belägen aus Fliesen und Platten für den Innen- und Außenbereich, herausgegeben vom Fachverband Fliesen und Naturstein im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V. Berlin

[05] ZDB-Merkblatt

10-2005

Aussenbeläge - Belagskonstruktionen mit Fliesen und Platten außerhalb von Gebäuden

[06] ETAG 022

10-2007

Leitlinie für europäische technische Zulassungen zu Abdichtungen für Böden und Wände in Nassräumen

[07] DIN EN 14891

11-2007

Flüssig zu verarbeitende wasserundurchlässige Produkte im Verbund mit keramischen Fliesen- und Plattenbelägen - Anforderungen, Prüfverfahren, Konformitätsbewertung, Klassifizierung und Bezeichnung; Deutsche Fassung EN 14891:2007

[08] Flachdachrichtlinie

10-2008

Deutsches Dachdeckerhandwerk, Regeln für Abdichtungen

Herausgegeben vom Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks, Fachverband Dach-, Wand- und Abdichtungstechnik, 4. Auflage, Verlagsgesellschaft Rudolf Müller

[09] Richtlinie

02-2005

Schnittstellenkoordination bei beheizten Fußbodenkonstruktionen, herausgegeben vom Bundesverband Flächenheizungen e.V. (BVF)

[10] Richtlinie

05-2002

Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen von Bauteilen mit mineralischen Dichtungsschlämmen, 1. Ausgabe, herausgegeben von Deutsche Bauchemie e.V. (u.a.)

[11] Richtlinie

04-2006

Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen erdberührter Bauteile mit flexiblen Dichtungsschlämmen, 2. Ausgabe, herausgegeben von Deutsche Bauchemie e.V. (u.a.)

 

 

[12] „Sopro Planer“, Sopro Bauchemie GmbH, Wiesbaden, 5. Auflage 2011

 

Als Sachverständigenbüro bzw. Gutachter oder Baugutachter sind wir u.a. in Leipzig, Dresden, Chemnitz, Altenburg, Bad Düben, Bad Frankenhausen, Bautzen, Berlin, Bischofswerda, Bitterfeld, Böhlen, Borna, Brandis, Colditz, Darmstadt, Delitzsch, Dessau, Döbeln, Eilenburg, Eisenach, Erfurt, Freiberg, Freital, Gera, Grimma, Gotha, Halberstadt, Halle, Hamburg, Jena, Kamenz, Leuna, Machern, Magdeburg, Markkleeberg, Merseburg, Mittweida, Mönchengladbach, Mühlhausen, Naunhof, Oschatz, Penig, Potsdam, Riesa, Rochlitz, Rötha, Ruhla, Sangerhausen, Schkeuditz, Schkopau, Schmölln, Sonneberg, Stollberg, Torgau, Waldheim, Weißenfels, Wittenberg, Wurzen, Zeitz, Zittau, Zwenkau, Zwickau aber auch in München und Frankfurt tätig. Durch die zentrale Lage im Muldental (Westsachsen) können wir in dringenden Fällen im Leipziger, Dresdner und Chemnitzer Raum besonders zeitnah vor Ort sein.