Estriche richtig Planen, Ausführen und Überwachen

 

Die wichtigsten Änderungen der DIN 18 560 (Autor: Uwe Wild, Stand 2004-11)

 

Im April diesen Jahres löste die Neufassung der DIN 18560 die aus dem Mai 1992 stammende DIN 18560 „Estriche im Bauwesen“ rechtsverbindlich ab. Da sich die neue Norm im Vergleich zur alten in einigen wesentlichen Punkten – auch Planung und Ausschreibung von Estricharbeiten – umfassend geändert hat, ist eine genauere Betrachtungsweise angebracht. Denn werden die neuen Regelungen bei der Planung und Überwachung von Estricharbeiten gemäß Phase 8 der HOAI nicht entsprechend berücksichtigt, können Haftungsansprüche gegen den Architekten entstehen. Der Autor dieses Beitrags hat für Sie das Wichtigste zusammengefasst.

 

Inhalte der europäischen Normen

 

Die Neufassung der DIN 18560 „Estriche im Bauwesen“ ergab sich auf Grund der Harmonisierung des europäischen Normenwerks. So wurden im Dezember 2000 die EN DIN 13318 „Estrichmörtel und Estriche“ und im Oktober 2002 die DIN EN 13813 „Estrichmörtel und Estrichmassen“ parallel zur alten deutschen Estrichnorm DIN 18560 verabschiedet. Im April 2004 wurden die Entwürfe der Neufassung der DIN 18560, Teil 1 bis 4 und Teil 7 für verbindlich erklärt. Damit verlieren die vorangegangenen Fassungen ihre Gültigkeit, was von Planern und Ausführenden in gleicher Weise unbedingt zu beachten ist, um diesbezügliche Haftungsprobleme auszuschließen. In der EN DIN 13813 sind die Eigenschaften von Estrichmörteln und Estrichmassen geregelt. Sie enthält neue, von der alten deutschen Norm abweichende, Symbole, Kurzzeichen und Bezeichnungen für Bindemittel.

Die Kurzzeichen für die jeweiligen Bindemittel im Vergleich zur alten Regelung sind in Tabelle 1 dargestellt. Enthielt doch die alte deutsche Norm lediglich vier Estrichbindemittel (Zement, Anhydritbinder, Gussasphalt und Magnesia) ist nunmehr der Kunstharzestrich neu hinzugekommen.

Darüber hinaus sind in dieser europäischen Norm die Bezeichnungen der technischen Eigenschaften geregelt. Diese sind in Tabelle 2 dargestellt, wobei darin nur die wichtigsten Kenndaten aufgenommen wurden. Lediglich die Kurzzeichen „S“ für schwimmende Verlegung, „T“ für Estrich auf Trennschicht, „V“ für Verbundestrich und „H“ für Heizestrich blieben unverändert. Die DIN EN 13318 definiert dagegen internationale und nationale Begrifflichkeiten.

 

Die Änderungen im Teil 1

Allgemeine Anforderungen „Verlagerung“ der Festigkeits- und Härteklassen in die DIN EN 13 813

 

Einige Regelungen wurden aus der alten deutschen Norm (DIN 18560) herausgenommen und in die europäische Norm (DIN EN 13813) integriert. Dies betrifft u. a. Angaben zu den Festigkeits- und Härteklassen, den Biegezug- und Druckfestigkeitswerten sowie Angaben über Bindemittel, Zugabewasser und Zuschläge. Diese Kenndaten sind nunmehr in der DIN EN 13813 im Abschnitt „Werkstoffe“ geregelt. Die darin beschriebenen Prüfungen beziehen sich auf Estrichmörtel bzw. Estrichmassen und auf die eingebauten Estriche.

 

Erstprüfung auch für Baustellenestriche

 

Die Bezeichnungen Eignungsprüfung und Güteprüfung aus der alten Estrichnorm sind nicht mehr aktuell. Eine entsprechende Übersicht enthält Tabelle 3. Baustellenestriche müssen nun einer Erstprüfung mit einhergehender Deklaration unterzogen werden. Die neue DIN 18560 fordert dies jedoch ausdrücklich nicht separat für jede Baustelle, so sofern auf Grund der regional verschiedenen Zuschlagstoffe keine wesentlichen Abweichungen von der vorhandenen Deklaration zu erwarten sind. Auch nach der Neufassung der Estrichnorm ist die Bestätigungsprüfung nur bei bestehendem Zweifel an der Qualität des Estrichs bzw. an dessen technischen Eigenschaften durchzuführen. Die Angaben zu den notwendigen Temperaturen zum Zeitpunkt des Estricheinbaus und danach sowie des frühestmöglichen Belastungszeitpunktes sind jetzt im Abschnitt „Ausführung“ in Textform übersichtlich für jedes einzelne Estrichbindemittel dargestellt. Forderungen hinsichtlich Brandverhalten Erstmals sind in der Estrichnorm Anforderungen an das Brandverhalten verankert.

 

Die Änderungen im Teil 2 Estriche auf Dämmschichten

Bauarten bei Heizestrich angeglichen

 

Die in der Neufassung der deutschen Norm enthaltenen Definitionen der Bauarten eines Heizestrichs wurden an die DIN EN 1264, Teil 4 „Fußbodenheizungssysteme und Komponenten“, Stand Dezember 2001 angeglichen. Ferner sind die zulässigen Maximaltemperaturen auch für Elektrofußbodenheizungen erstmals festgelegt. Für Warmwasser- Fußbodenheizungen mit Kalziumsulfat- oder Zementestrich ist nach der neuen Estrichnorm am Heizelement eine mittlere Temperatur von 55°C, statt vorher 60°C, zulässig.

 

Nutzlasten neu klassifiziert

 

Im Teil 2 der neuen DIN 18560 sind unter anderem nunmehr die möglichen Nenndicken der Estriche bei den verschiedenen Nutzlasten und Estrichbindemitteln in Abhängigkeit von der Biegezugfestigkeit bzw. Härteklasse benannt. Wurde in der Fassung von 1992 noch von 1,5 kN/m2 bei der üblichen Nutzung im Wohnungsbau ausgegangen, ist jetzt die geringste Belastung mit 2,0 kN/m2 und die höchste Belastung mit 5,0 kN/m2 angegeben. Es erfolgte eine Abstufung der möglichen „Belastungsgruppen“, welche in insgesamt 4 Tabellen zusammengefasst sind. Bei höheren Belastungen als 5,0 kN/m2 sind größere Dicken vorzusehen.

 

Die verschiedenen einwirkenden und in den 4 Tabellen dargestellten Belastungsgruppen „orientieren“ sich an der DIN 1055, Teil 3. In der vorhergehenden Ausgabe der DIN 18560 waren dagegen die vorgeschriebenen Nenndicken generell nur für 1,5 kN/m2 gleichmäßig verteilte Verkehrslast enthalten und der Hinweis auf notwendige größere Estrichdicken bei höherer Belastung angefügt. Insofern ist die jetzige Abstufung sehr praxisnah und für den Planer sowie für den Ausführenden durchaus hilfreich.

 

Installationen auf Rohdecke beachten

 

Hinsichtlich des Aufbaus der einzelnen Dämmlagen sind keine Neuerungen aufgenommen. Nach wie vor ist die Dämmlage mit der größeren Zusammendrückbarkeit als unterste Lage anzuordnen. Neu ist jedoch, dass Rohrleitungen, Kabel oder ähnliche Installationen auf der Rohdecke in einer gebundenen Ausgleichsschicht unterzubringen sind. Die daraus resultierende Aufbauhöhe ist bereits bei der Planung zu berücksichtigen. Nicht selten sind die vorgegebenen Höhen für eine normgerechte Ausführung zu gering, was dann zwangsläufig zu Kompromisslösungen führt. Das „Aussparen“ der Trittschalldämmung ist jedenfalls nicht zulässig.

 

Noch immer keine verbindliche Festlegung zur Estrichbewehrung

 

Die bis zum Erscheinen der neuen Estrichnorm fortgeführte Diskussion zwischen Sachverständigen über „Sinn oder Unsinn“ einer Estrichbewehrung schlägt sich ganz offensichtlich auch in der neuen DIN 18560 nieder. Wie ist sonst zu erklären, dass einerseits eine Estrichbewehrung im Teil 2 der hier interessierenden Norm ausdrücklich nicht gefordert wird, andererseits in der gleichen Norm die zu fordernden Eigenschaften der Estrichbewehrung in Form von Stahlmatten beschrieben ist? Letztendlich wird noch darauf hingewiesen, dass der Planer die Entscheidung für oder gegen eine Bewehrung sowie hinsichtlich der Art der Bewehrung zu treffen hat.

 

Diese nicht geklärte Frage hinsichtlich der Notwendigkeit einer Bewehrung wird also auch in Zukunft noch für ausreichend „Zündstoff“ sorgen. Bleibt nur zu hoffen, dass die von den Instituten und Sachverständigen durchgeführten Versuche und die so gesammelten Erkenntnisse baldmöglichst zu einer eindeutigen verbindlichen Festlegung führen werden. Die seit Jahren auf dem Markt eingesetzten Fasern werden zwar als Möglichkeit der Estrichbewehrung benannt, jedoch auch nicht weiter erläutert.

 

Änderungen im Teil 3 Verbundestriche

 

Dieser Teil zu den Verbundestrichen enthält unter anderem eine Tabelle mit den geforderten Festigkeitsklassen in Bezug auf die jeweiligen Estrichbindemittel. Hier werden die Druckfestigkeitsklassen und Biegezugfestigkeitsklassen festgelegt. Verbundestrich wird nicht auf Biegezug beansprucht, so dass Angaben zur Biegezugfestigkeit aus hiesiger Sicht entbehrlich sind, was der Übersichtlichkeit sicher zweckdienlich wäre.

 

Darüber hinaus sind die schon seit langem angewendeten Einstreuungen mit Hartstoffen zum Zwecke der Oberflächenvergütung in den Teil 3 aufgenommen worden. So ist beispielsweise die Einstreumenge pro m2 anzugeben und darauf hingewiesen, dass verwendete Hartstoffe prinzipiell der DIN 1100 entsprechen müssen. Die Oberflächenzugfestigkeiten des Untergrundes sind eine wichtige Voraussetzung für einen mangel- bzw. schadensfreien Verbundestrich. Daher ist die Regelung der Oberflächenzugfestigkeiten für Kunstharzestrich, nochmals untergliedert in befahrene und unbefahrene Flächen, aus technischer Sicht sehr zu begrüßen.

 

Änderungen im Teil 4 Estriche auf Trennschicht

 

Der Teil 4 der Norm behandelt die Estriche auf Trennschicht. Hier sind die zu fordernden Festigkeitsklassen für jedes Estrichbindemittel separat in einer Tabelle dargestellt. Dabei wurde nochmals in Flächen mit Belag und Flächen ohne Belag (Nutzestriche) unterschieden. Die geforderte Estrichnenndicke beträgt bei einschichtigem Gussasphaltestrich jetzt 25 mm, statt bisher 20 mm. Der in der Estrichnorm neu hinzugekommene Kunstharzestrich ist mit 15 mm Nenndicke (einschichtig) zu planen und auszuführen. Für Magnesia-, Kalziumsulfat- (30 mm) und Zementestrich (35 mm) haben sich die Nenndicken nicht geändert.

 

Die Festigkeits- bzw. Härteklasse des Estrichs muss nach der neuen DIN 18560 bei einem vorgesehenen Oberbelag bei Kalziumsulfat-, Zement- und Magnesiastrich mindestens der Klasse F4 und bei Kunstharzestrich mindestens der Klasse F7 entsprechen.

 

Änderungen im Teil 7

Kunstharzestriche jetzt „salonfähig“

 

Hier sind die vorwiegend im Industriebau eingesetzten hochbeanspruchten Estriche beschrieben. Die markanteste Änderung ist aus Sicht des Autors darin zu sehen, dass Kunstharzestriche eingesetzt werden dürfen. Je nach Beanspruchungsgruppe und Art des Bindemittels sind die zu gewährleisteten Nenndicken und Festigkeitsklassen benannt. Die Oberflächenzugfestigkeit des Estrichuntergrundes ist im Teil 7 jedoch nicht geregelt. Diese Werte sind bei Bedarf dem Teil 3 der Estrichnorm zu entnehmen. Die Gussasphaltestriche (neues Kurzzeichen AS) sind in Bezug auf die Mindest- und Höchstdicke zwischen 20–45 mm (40 mm bei einschichtigen Ausführungen) auszuführen. Hierbei ist u. a. das verwendete Größtkorn entsprechend zu berücksichtigen.

 

Angaben für die Leistungsbeschreibung

 

Bei der Ausschreibung sind u. a. die neuen Kurzzeichen zu verwenden. Bei der Ausschreibung eines Heizestrichs kann beispielsweise folgende Bezeichnung verwendet werden:

Estrich nach DIN 18560 - CT - F4 - S 45

  • CT: Bindemittel Zement
  • F4: Biegezugfestigkeitsklasse F4 nach DIN 13813 (4 N/mm2)
  • S: Estrich auf Dämmschicht („schwimmend“)
  • 45: Nenndicke 45 mm

Darüber hinaus sind notwendige Bewegungsfugen, deren Beschaffenheit und genaue Anordnung in Abhängigkeit der geometrischen Gegebenheiten und des vorgesehenen Oberbelags in einem Fugenplan vorzugeben. Falls ein Fliesenbelag geplant ist, muss die Haftzugfestigkeit > 1,5 N/mm2 betragen. Eine Deklaration hinsichtlich der Haftzugfestigkeit ist gemäß DIN 18560 nicht zwingend vorgeschrieben, sondern bleibt dem jeweiligen Hersteller überlassen. Aus hiesiger Sicht sollte ein entsprechend deklarierter Estrich vom Planer gefordert werden, wenn ein Fliesenbelag vorgesehen ist.

 

Fazit

 

Auch wenn einige Punkte aus Sicht des Autors noch einer genaueren Betrachtungsweise bzw. einer Klärung bedürfen, ist die neue Estrichnorm durchaus als geeignetes Instrument für Planer, Ausführende, Bauüberwacher und Sachverständige zur Vermeidung von Schäden an Estrichen anzusehen. Die dem Planer „zugeschobene“ Entscheidung hinsichtlich einer Estrichbewehrung und die „schwammige“ Festlegung der Art und Weise sowie des Umfangs der Erstprüfung bei Baustellenmischungen werden in Zukunft für Diskussionen auf der Baustelle sorgen. Festlegungen zur Belegreife zum Aufbringen eines Fliesenbelags wurden leider auch nicht getroffen. Wenn aus bestimmten Gründen eine von der Norm abweichende Ausführung vorgesehen ist, muss der Planer den Bauherrn auf die damit verbundenen Risiken ausführlich und schriftlich hinweisen. Dies trifft beispielsweise auch für den Fall zu, wenn aus Zeitgründen der Oberbelag vor Erreichen der Belegereife aufgebracht werden soll.

 

 

Fliessestrich aus Zement

 

Eigenschaften und Grundlagen der richtigen Anwendung (Autor: Uwe Wild, Stand 2004-11)

 

Um die kostenintensiven technologisch bedingten Warte- und Stillstandzeiten bei der Verarbeitung und dem Einbau von Bauprodukten auf ein Minimum zu reduzieren, hat die Bauindustrie in den letzten Jahrzehnten eine Reihe modifizierte wie auch neue Produkte auf den Markt gebracht. Ein Ausbaugewerk, in dem sich die Wartezeit besonders drastisch auf den weiteren Baufortschritt auswirkt, sind die Estricharbeiten: hier speziell der Einbau des Estrichs und das Erreichen der Belegreife unter Baustellenbedingungen. Der Zeitaufwand für den Estricheinbau kann im Gegensatz dazu durch die (richtige) Wahl des Einbringverfahrens deutlich reduziert werden. Das ist wohl auch der Grund, weshalb sich planende Architekten für den Einsatz von Zementfließestrich entscheiden. Die Entwicklung der Zementfließestriche begann bereits Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts.

 

Von Anfang an lag ein wesentliches Problem in seinem Verformungsverhalten. Trotz großer Anstrengungen von Seiten der Baustoffindustrie konnten die bekannten potenziellen Schadensursachen bis zum heutigen Tage nicht vollkommen beseitigt werden. Inzwischen werden Zementfließestriche vielerorts jedoch durchaus erfolgreich eingesetzt. Bei der Anwendung dieser Technologie sind aber immer wieder Schadensfälle zu verzeichnen, weshalb in diesem Beitrag eine genauere Betrachtungsweise der technischen Zusammenhänge erfolgt. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass Zementfließestrich andere Eigenschaften als ein klassischer Zementestrich besitzt. Der Autor des folgenden Beitrags erläutert die Problematik, macht die wesentlichsten Unterschiede deutlich und sagt, was für eine schadensfreie Planung und Ausführung zu beachten ist.

 

Zusammensetzung und Eigenschaften

 

Zementfließestrich weist einen erhöhten Feinstkornanteil auf, wie beispielsweise 300 kg/m3 Zement, 150 kg/m3 Flugasche, Kalksteinmehl. Weitere Zuschläge sind Fließmittel und Stabilisatoren mit geringen Eigenschaftsschwankungen. Das Ausbreitmaß beträgt 65 bis 70 cm bei einer plastischen Ausgangskonsistenz. Zementfließestrich ist mit einer Förderleistung von 6 bis 7 m3/h pumpfähig. Die Verarbeitungszeit beträgt mindestens 45 Minuten bei 20°C. Der Fließestrich ermöglicht durch die flüssige Konsistenz beim Einbau ein besseres Verdichten des Estrichmörtels. Konventioneller Zementestrich dagegen ist auf der relativ weichen Dämmlage nur sehr begrenzt zu verdichten. Daher weist Zementfließestrich einen verhältnismäßig geringen Porenanteil von ca. 2 bis 3% auf. Konventioneller Zementestrich dagegen besitzt ein Porenvolumen von 20 bis 25 %. Aus den unterschiedlichen Dichten resultieren einerseits Unterschiede in der Biegezugfestigkeit sowie im Verformungsverhalten. Das deutlich geringere Porenvolumen von Zementfließestrich führt zu einer erhöhten Biegezugfestigkeit, was sich insbesondere bei Estrichen auf Dämmschicht besonders positiv auswirkt. Dieser Vorteil sollte jedoch nicht zur Unterschreitung der Mindestdicke führen, da eine gewisse Durchbiegung des Estrichs bei starren Oberbodenbelägen zu Schäden führen kann.

 

Problem des „Aufschüsselns“

 

Der Nachteil der dichteren Estrichmatrix bei Zementfließestrichen besteht darin, dass im Zuge des Trocknungsprozesses besonders gravierende Verformungserscheinungen auftreten können. Die Folge sind die im allgemeinen Sprachgebrauch als „Aufschüsselungen“ bezeichneten Verformungen, welche sich durch das „Aufwölben“ der Ecken bemerkbar macht. Dies führt in der Baupraxis oftmals leider immer noch zu Reklamationen, da der Fliesenleger gegenüber dem Bauherrn entsprechende Bedenken äußert und den Untergrund mit Verweis auf die Verformungen aus technischer Sicht zu recht ablehnt. Das Abschleifen der „überstehenden“ Eckbereiche ist als Mangelbeseitigung abzulehnen, da eine Rückverformung im Zuge des weiteren Austrocknungsprozesses zu erwarten ist und so eine gleich bleibende Estrichdicke gemäß DIN 18560 Teil 2 nicht mehr gewährleistet bleibt. Umfangreiche positive Langzeiterfahrungen über Zementfließestrich liegen bis heute nicht vor. Aus hiesiger Sicht ist Zementfließestrich derzeit nicht zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik zuzuordnen.

 

Ursachen möglicher Verformungen

 

Verformungen bei Zementfließestrichen sind seltener auf einen zu hohen Wassergehalt zurückzuführen. Der Bedarf an Anmachwasser ist in etwa dem von konventionellen Zementestrichen gleichzusetzen. Das Fließverhalten wird durch die Art und Menge der zugegebenen Fließmittel gesteuert. Alle mineralischen Baustoffe unterliegen beim Austrocknen prinzipiell dem Schwindprozess. Dies ist unter anderem auf das naturgegebene Schwinden von Zementstein zurückzuführen. Durch die damit verbundenen Zugspannungen entstehen entweder Risse oder Verformungen. Bedingt durch das im Vergleich zum konventionellen Zementestrich deutlich geringere Porenvolumen trocknet der Zementfließestrich an der Oberfläche schneller aus, als im unteren Bereich. Durch die einseitige Trocknung von oben entsteht ein Feuchtengradient über den Estrichquerschnitt. Die Einwirkung der Schwindverkürzung führt bei Zementfließestrich auf Grund des geringeren Porenvolumens zu einem erhöhten Verformungspotenzial. Darüber hinaus unterscheidet sich die Porenverteilung zwischen Zement- und Kalziumsulfatfließestrich. So ist auch das unterschiedliche Verformungsverhalten der beiden Bindemittel zu erklären.

 

Fazit

 

Zementfließestriche sind durchaus eine interessante und zukunftsträchtige Möglichkeit, um einen Estrich herzustellen. Seine zweifelsfrei vorhandenen Vor- und Nachteile sollten in Bezug auf das jeweilige Bauvorhaben und den dort vorherrschenden Baustellenbedingungen sorgfältig abgewogen werden. Das „flüssige“ Einbringen von Zementfließestrich führt auch auf Dämmschichten zu einer guten Verdichtung und damit zu einer höheren Biegezugfestigkeit als bei konventionellen Zementestrichen. Das Material ist darüber hinaus schnell zu verarbeiten, so dass die Tagesverlegeleistung entsprechend groß ist.

 

Zu beachten ist allerdings, dass auf Grund des geringen Porengehalts ein gewisses Verformungspotential in Abhängigkeit zum Austrocknungsprozess besteht. Aufgrund bislang fehlender Langzeiterfahrungen ist der Zementfließestrich auch in der Neufassung der DIN 18560 „Estriche im Bauwesen“, Stand April 2004 nicht geregelt, sodass der Hinweis an den Bauherrn erfolgen muss, dass es sich bei einem Zementfließestrich um ein Sonderprodukt handelt. In Zukunft wird mit hoher Wahrscheinlichkeit der Zementfließestrich kontinuierlich weiter entwickelt. Zum Beispiel lässt sich die Ausführungssicherheit noch durch eine verbesserte Porenstruktur maßgeblich erhöhen. Hinweise zur Belegreife Um einen Estrich mit einem starren oder dampfdichten Belag oder einer Beschichtung versehen zu können, muss eine Austrocknung entsprechend vorangeschritten – also die Belegreife erreicht sein.

 

Der häufig zitierte Einfluss allein durch den Faktor Zeit trifft nicht zu. Vielmehr spielen die raumklimatischen Bedingungen eine wesentliche Rolle. Letztere sind aber auf der Baustelle im Regelfall mit Blick auf Temperatur und Luftfeuchtigkeit nicht gerade günstig. So kann es durchaus passieren, dass der Estrich zwar bereits einen längeren Zeitraum „liegt“, jedoch eine schadensfreie Verlegung des Oberbodenbelags immer noch nicht möglich ist. Eine hohe Luftfeuchtigkeit verlangsamt den Austrocknungsprozess erheblich oder verhindert sogar das Erreichen der Belegreife. Bei Zementestrich ist eine Luftfeuchtigkeit von 60 bis 70 % bereits kritisch. Eine eventuelle Rückdurchfeuchtung durch Kondenswasser muss ebenfalls berücksichtigt werden.

 

Diesem Sachverhalt wird in der Praxis leider viel zu wenig Beachtung geschenkt. Die Belegreife prüft der Oberbodenleger ausschließlich mit dem CM-Gerät nach der Arbeitsanweisung „CM-Messung“. Elektrische Widerstandsmessgeräte oder der „Folientest“ sind als Messhilfsmittel zu bewerten und für die alleinige Ermittlung der Belegreife nicht zu verwenden. Der Bauüberwacher sollte bei der Durchführung der CM-Messung anwesend sein. Das Messergebnis ist zu protokollieren und von allen Beteiligten zu unterzeichnen. Die Dokumentation der Messung sollte entsprechend aufbewahrt werden, da bei eventuellen Schadensfällen der Nachweis der Belegereife notwendig ist. Falls daraus Rechtsstreitigkeiten entstehen wird der vom Gericht beauftragte Sachverständige den Nachweis der Belegreife abfordern, weshalb das Messprotokoll für den Bauüberwacher nach Phase 8 der HOAI von großer Bedeutung sein kann.

 

 

 

 

 

 

 

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